EBOLA-Impfstoff: Nick Owen testet EBOLA-Protein ChAd3

0

Die EBOLA-Epidemie hält die Welt in Schach. Schon über 8.000 Menschen sind vom EBOLA-Virus infiziert, 4.000 sind daran gestorben – und die Zahl steigt weiter. Doch da zeigt sich ein Silberstreif am Horizont: die ersten Impfstoffe (Vakzine) werden getestet. Was bringen sie? Können sie die EBOLA-Epidemie wirksam eindämmen?

ChAd3: das EBOLA-Protein

Nick Owen, der 27-jährige Presse-Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen kennt die Schrecken der Viruskrankheit. Nur zu gut sind ihm die furchtbaren Bilder im Gedächtnis, die EBOLA in Westafrika produziert hat. Er hat sie gesehen, auch diejenigen, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Er spürt, etwas tun zu müssen, zu helfen. Und genau das tut er. Er testet den neuen Impfstoff gegen EBOLA, die jüngste Geißel der Menschheit. Und während wir noch die Neugier in uns spüren, alles über die Chancen des Impfstoffs ChAd3 zu erfahren, spüren wir gleichermaßen eine Mischung von Hochachtung und Respekt vor Nick Owen. Gleiches bringen wir den anderen Mitgliedern der 60 Personen umfassenden Testgruppe entgegen, die sich hier in den Dienst der Menschheit gestellt hat.

ChAd3: wie kann man den Impfstoff testen?

Der Stoff ChAd3 (auch cAd3-ZEBOV genannt) des Unternehmens GlaxoSmithKline wird am Jenner Institute der Oxford Universität getestet. Schlicht per Injektion werden Nick Owen und den anderen Probanden das gutartige Protein des EBOLA-Erregers – nichts anderes ist ChAd3 – verabreicht. Die Testphase dauert sechs Monate. Sechs lange Monate, an deren Ende ein wirksamer Impfstoff gegen EBOLA stehen kann, Erfolg vorausgesetzt.

Wie wirkt der EBOLA-Impfstoff ChAd3 ?

Der Körper, dem ChAd3 bzw. cAd3-ZEBOV zugeführt wurde, muss mit einer Immunreaktion auf das Protein reagieren. Dies ist bei den Probanden ein schwieriges Unterfangen. Menschen sind gegen die viele Viren bereits geimpft, so dass keine Immunreaktion mehr provoziert werden kann. Was also tun? Bei ChAd3 hat man zu einem Trick gegriffen. ChAd3 wird auf einen Träger aufgepflanzt, der selbst ein Virus ist, gegen den aller Wahrscheinlichkeit nach keine Immunität besteht. Es handelt sich dabei um einen Grippe-Erreger von Schimpansen. Die Tests mit den sechzig Probanden wird mit unterschiedlichen Dosen durchgeführt. Weitere Tests gibt es auch schon in Amerika und Mali und Gambia.

ChAd3: könnte Zaire-Stamm und Guinea-Stamm abwehren

Der EBOLA-Virus kennt fünf verschiedene Virenstämme, die man in der Regel nach ihrem Entstehungsort benennt. So gibt es beispielsweise den Zaire-Stamm und den Guinea-Stamm. Beide EBOLA-Stämme sind sich sehr ähnlich. Das lässt die Hoffnung aufkommen, dass ein Erfolg mit cAd3-ZEBOV gegen den Zaire-Stamm auch zu einem Erfolg gegen den verwandten Guinea-Stamm führen würde. ChAd3 ist das gutartige Protein (exakt: ein abgeschwächtes Schimpansen-Adenovirus vom Serotyp 3 und wurde von den Wissenschaftlern genetisch so verändert, dass es ein EBOLA-Glykoprotein ausprägt) des Zaire-Stamms, so dass Wissenschaftler sich bei positivem Testverlauf (bis Ende November) Chancen gegen eben diesen Stamm ausrechnen. Die Herstellung des Serums könnte bei GlaxoSmithKline dann auch gleich beginnen. Wie schnell ausreichende Mengen des Impf-Serums auf Basis von ChAd3 erzeugt werden können, ist allerdings offen.

Vakzine rVSV-ZEBOV: von der kanadischen Public Health Agency

Die kanadische Public Health Agency in Winnipeg entwickelt den zweiten Impfstoff, nachdem sie vier Jahre zuvor das zugehörige Patent für die Vakzine rVSV-ZEBOV von der amerikanischen Firma New Link Genetics aus Ames im amerikanischen Bundesstaat Iowa erwarb. Der EBOLA-Impfstoff enthält das Vesikuläre Stomatitis-Virus (VSV). VSV ist ein Erreger aus der Nutztierhaltung, in welches man ein Protein des EBOLA-Erregers eingefügt hat. „VSV“ hat dem Impfstoff mittlerweile auch seinen Namen gegeben. Auch beim VSV-Impfstoff sollen Tests mit freiwilligen Testpersonen durchgeführt werden. Die Tests sind geplant für Teilnehmer in Hamburg, Genf, in Gabun und in Kenia.

Stephan Becker: VSV-Impfstoff kurzfristig vorteilhafter

Professor Stephan Becker ist Chef des Marburger Instituts für Virologie und gilt als Filovirus-Koryphäe. Das Marburger Instituts ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). In Marburg betreibt Stephan Becker ein Hochsicherheitslabor der Stufe BSL-4. Er sieht beide Impfstoffe als gleichwertig, erwartet jedoch vom VSV-Impfstoff in der aktuellen Situation der EBOLA-Epidemie einen großen Vorteil: die Schutzwirkung dürfte bei dem VSV-Impfstoff nämlich wesentlich schneller eintreten.

Seine Aussage fußt auf Experimente mit Makaken, bei denen der Impfstoff zum Teil nach einer künstlich verabreichten EBOLA-Infektion erfolgreich war. In Kürze sollen in Hamburg in einer Phase I Tests an zwanzig Testpersonen durchgeführt werden. Sind diese erfolgreich, hofft Stephan Becker in zwei weiteren Phasen direkt in den EBOLA-Zentren in Westafrika mit Impf-Tests bei Ärzten und Pflegenden fortfahren zu können. Einerseits ist das nicht unproblematisch, da der Impfstoff noch nicht zugelassen ist. Andererseits verspricht er sich vom VSV-Impfstoff den Schutz vieler Menschen.

Der Virologen Thomas Geisbert von der University of Texas befürwortet die Vorgehensweise. Dennoch: bis erste Mengen an Impfstoff bereit stehen können, würden selbst bei positivstem Testverlauf noch Monate vergehen. Hier rechnet die Weltgesundheitsorganisation WHO frühestens mit dem Ende des ersten Quartals 2015.


Bildnachweis: © morguefile.com – DodgertonSkillhause

Lassen Sie eine Antwort hier