Der Glücksspielstaatsvertrag regelt die Rahmenbedingungen für Spielhallen und deren Erlaubnis sowie für die gesamte Veranstaltung von Glücksspielen. Dabei sind von den einheitlichen Regelungen alle deutschen Bundesländer betroffen. Erstmalig trat der Vertrag in 2008 in Kraft, wurde dann jedoch wieder außer Kraft gesetzt. Die aktuelle Fassung gilt seit dem 1. Juli 2017 – zumindest in einigen Bundesländern.
Der Glücksspielstaatsvertrag und seine Änderungen
Vor allem der Breitensport in Deutschland bezieht einen Großteil der Einkünfte aus den staatlich geregelten Sportwetten. Um diese Regelung gibt es jetzt aber Diskussionen, denn die aktuelle Form des Glücksspielstaatsvertrags wollen viele Veranstalter und Wettanbieter nicht anerkennen. Letztere sollen in den Vertrag mit aufgenommen werden, was sie natürlich nicht einsehen.
Aktuelle Regelungen des Vertrags sehen unter anderem folgende Punkte vor:
- Keine Konzentration von Spielhallen in deutschen Innenstädten
- Spielhallen müssen mindestens 500 m auseinanderliegen
- mehrere Spielhallen in einem Gebäude werden nicht genehmigt
- Mehrfachkonzessionen sind nicht erlaubt
- Spielhallen mit Automaten müssen mindestens 500 m von Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt liegen.
Derzeit sind viele Spielhallen einfach geduldet und bekommen damit einen Aufschub. Dabei waren die Ziele der Politiker von Bund und Ländern sicherlich keine schlechten, sie wollten nämlich den „natürlichen Spieltrieb kanalisieren“ – in der Praxis lässt sich das aber kaum durchführen. Derzeit werden daher großzügige Duldungsvereinbarungen geschlossen, denn die Spielhallen sollen weiter geöffnet bleiben.
Diese Duldungsregelungen gibt es aber im deutschen Verwaltungsrecht eigentlich nicht, daher ist fraglich, ob sie überhaupt gültig sind. Kritiker der Spielhallen sagen außerdem, dass diese Vergnügungsstätten die städtebauliche Entwicklung stören, wobei sowohl die Kämmerer die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer willkommen heißen als auch die Stadtoberhäupter die Einnahmen durch spielende Touristen.
Diese Härtefallregelung soll es noch bis Mitte 2021 geben, bis dahin ist nicht mit sofortigen Schließungen zu rechnen. Der Glücksspielstaatsvertrag läuft dann aus, bis dahin haben die Spielhallenbetreiber eine Schonfrist, während der sie sich neue Geschäftsideen einfallen lassen können. Einige Ideen gibt es schon und so wurden „Automatenbistros“ ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um kleine Gaststätten, in denen bis zu drei Automaten stehen – auch hier gibt es für die Stadt Einnahmen aus der Vergnügungssteuer zu verzeichnen.
Keine Beschränkungen für private Anbieter
Einzelne Bundesländer gehen auf die Barrikaden und wollen sich nicht in puncto Glücksspiel und Betreiben von Spielhallen durch ein Gesetz hineinreden lassen. So sagen die Landesoberhäupter von Schleswig-Holstein, dass sie den bisherigen Vertrag kündigen wollen, die Regelungen eines neuen Vertrags würden sie nicht anerkennen. Wenn der Vertrag aber nicht von allen 16 Bundesländern unterzeichnet wird, ist er nicht gültig. Nun stellt sich die Frage, ob Schleswig-Holstein überhaupt in der Lage ist, den Glücksspielstaatsvertrag einfach so zu kündigen. Die meisten staatlichen Anbieter bezweifeln das und nehmen hin, dass es keine reguläre Kündigungsmöglichkeit im Vertrag gibt.
Änderungen am Glücksspielstaatsvertrag wären zwar möglich, werden sie jedoch nicht vorgenommen, gilt der Vertrag bis Mitte 2021 in der vorliegenden und aktuellen Form. Die Änderungen, wie sie Schleswig-Holstein gern hätte, sind aber in der Art sicherlich kaum durchführbar. Hier möchte man die Zulassung privater Anbieter für Sportwetten erreichen, wobei diese ohne Limit einbezogen werden sollen. Dazu kommen auch Online-Kasinos sowie Pokeranbieter aus dem Netz.
Das Bundesland geht davon aus, dass die Änderungen bis 2019 in Kraft treten können, wobei die CDU die Absprachen mit anderen Bundesländern bisher als positiv bewertet. So gibt es Verbündete in Hessen, in Rheinland-Pfalz sowie in Nordrhein-Westfalen – mit den Regierungsvertretern dieser Bundesländer gab es bisher bereits Gespräche zum aktuellen Glücksspielstaatsvertrag und den geplanten Änderungen.
Video: Änderung des Glücksspielstaatsvertrages
Verbündete im Kampf gegen den Glücksspielstaatsvertrag
Schleswig-Holstein steht im Kampf gegen den Glücksspielstaatsvertrag nicht allein da, als derzeitige Verbündete gelten neben Rheinland-Pfalz auch Hessen und Nordrhein-Westfalen – Änderungen, die kurz vor der Verabschiedung standen, können nun wahrscheinlich nicht durchgeführt werden. Für die Sportvereine und den Sport allgemein heißt das, dass nicht klar ist, ob und wie es mit den Einnahmen aus Sportwetten weitergeht.
Diese machen einen Großteil der Einnahmen aus, vor allem im Breitensport sind sie beliebt. Doch die Anbieter von Sportwetten waren bis zum Jahr 2007 nicht an eine feste Regelung gebunden, mussten sich keinerlei gesetzlichen Vorgaben unterwerfen. Wer im Wettlokal oder auch online eine Sportwette abschließen wollte, konnte das einfach tun – es gab weder Vorschriften zur Kennzeichnung noch zur Zulassung der Anbieter. Welche Regelungen im Detail einzuhalten sind und waren, ist unter anderem auf Sportwette.net nachlesbar.
Nun hoffen alle Beteiligten darauf, dass sich Vertreter aller 16 Bundesländer rasch zusammensetzen und eine gemeinsame Lösung finden. Es gilt, einen neuen Glücksspielstaatsvertrag auszuarbeiten, der auf die derzeitigen Forderungen der Beteiligten abgestimmt ist und der alle Kritikpunkte aufnimmt, die auf der Seele brennen. Zugleich soll im neuen Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden, dass ein Anteil aus den erzielten Erträgen durch Sportwetten an den gemeinnützigen Sport zu entrichten ist. Die Rede ist hier von 30 Prozent, die abgeführt werden sollen.
Damit hätte das Gesetz nicht nur das Ziel, den Betrieb von Spielhallen zu limitieren sowie das gesamte Glücksspiel mit in den Kampf gegen die Spielsucht einzubeziehen, sondern auch, die Einnahmen für den Breitensport zu sichern. Die Beteiligten sind der Meinung, dass es ein Kreislauf sei: Ohne Sport gäbe es keine Sportwetten, ohne Wetten keine Einnahmen, ohne Einnahmen keinen Sportverein.
Die genannten 30 Prozent sollen von den Steuereinnahmen berechnet werden, die von Sportwetten eingenommen werden. Dabei ist es unerheblich, ob diese privat oder staatlich eingenommen wurden. Wobei nicht vergessen werden darf, dass der Staat auch bei den Lotterien kräftig mitkassiert.
Viele Menschen versuchen ihr Glück bei Sportwetten, würde ein Teil der Einnahmen also regulär in den Sport fließen, wäre allen Beteiligten auf Dauer gedient. Momentan ist es aber so, dass der Sport zumindest von den privaten Wettanbietern nichts bekommt, wobei die Werbeeinnahmen ausgeschlossen sind. Doch diese sind wiederum für den Breitensport nahezu unnütz, denn sie fließen zum größten Teil in den Fußball und hier in die Spitzenvereine.
Video: Spielcasinos unter Druck | Live im Studio: Daniel Buchholz | „Berliner Abendschau“ 13.08.2017
Zusätzliche Finanzspritze für den Sport gesucht: Und gefunden
Alle Anbieter von Sportwetten haben bislang ihren Sitz im Ausland, einige private sind auch in Steueroasen ansässig, in denen nur wenig Abgaben zu leisten sind. In Deutschland ist die Vergabe der Lizenzen immer noch strittig, konkrete juristische Regelungen gibt es hier noch nicht.
Die deutschen Dependancen sorgen aber dafür, dass der Bundesrepublik pro Jahr rund 300 Millionen Euro aus den Einnahmen durch Sportwetten zufließen. Nach der oben genannten Regelung würden dem Sport davon rund 90 Millionen zufließen – zusätzlich zu den bisherigen Einnahmen. Die Verantwortlichen hinter dem Sport – egal, ob Breiten- oder Spitzensport – sind sich einig und möchten natürlich gern ein Stück vom Kuchen abhaben. Sie beziehen eine gemeinsame Position und unterstützen die Forderung nach Änderungen im Glücksspielstaatsvertrag und nach dem verpflichtenden Abführen von 30 Prozent der Einnahmen an den Sport.
Mittlerweile stehen auch viele Bundesländer bzw. deren Regierungen hinter dieser Forderung, wobei die Erfahrungen aus dem Glücksspielgesetz von 2012 sicherlich eine Rolle spielen. Hier kam es zu einer Liberalisierung, die wiederum erhöhte Steuereinnahmen verursachte. Ein Drittel dieser Einnahmen ging an die Bereiche Kultur, Sport und Soziales. Ein Regierungswechsel in Schleswig-Holstein änderte diese Regelungen, unter der neuen Regierung sollen sie aber wieder eingeführt werden.
Glücksspiel muss legal sein
Die neue Regierung in Schleswig-Holstein findet im gemeinnützigen Breitensport jede Unterstützung, die sie braucht. Daher wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass ein Drittel der Mehreinnahmen an den Breitensport zurückfließt, außerdem sollen davon bestimmte Einrichtungen profitieren.
Viele Bundesländer sind aber, was Änderungen am Glücksspielstaatsvertrag betrifft, durch die Entwicklungen auf dem Wettmarkt äußerst zurückhaltend, wenn nicht sogar tief beunruhigt. Gerade die Live-Wetten sowie die Meldungen über Manipulation und Betrug bei Wetten sind nicht gerade förderlich, wenn optimistisch in die Zukunft geschaut werden soll. Nicht zu vergessen die Suchtgefahr, die der Staat mithilfe des Glücksspielstaatsvertrags zu bekämpfen versuchte.
Experten schließen daraus, dass nur ein legales Glücksspiel dazu geeignet sei, die Ziele des Staates zu erreichen. Es gilt, die Verbraucher zu schützen, Manipulationen zu verhindern sowie die Spielsucht zu bekämpfen. Mit einer freien Einrichtung von Spielhallen ohne jegliche Reglementierung sowie durch die Erlaubnis zu privaten Sportwetten ist das sicherlich schwer.
Gesetzliche Kontrolle kontra schwarze Wetten im Netz
Momentan werden viele Sportwetten im Internet angeboten – schwarz natürlich, ohne jegliche gesetzliche Zulassung. Dies lässt sich kaum kontrollieren, im Gegensatz zu den legalen Möglichkeiten zu Sportwetten. Es geht dabei auch nicht darum, planlos alles zu verbieten, denn zum Beispiel Live-Wetten sind nicht leicht zu manipulieren und haben daher ihre Daseinserlaubnis. Die Manipulierbarkeit ist ungefähr mit der von Ergebniswetten vergleichbar und bei diesen ruft auch niemand nach einem Verbot.
Im Gegenteil: Live-Wetten bieten deutlich niedrigere Gewinnquoten als Ergebniswetten, daher ist es kaum nötig, sich hier auf unsicheres Terrain zu begeben und eine Manipulation vorzunehmen. Ergebniswetten sind deutlich häufiger von Manipulationen betroffen und waren schon einige Male mit Skandalen in den Nachrichten. So zum Beispiel in 2005/2006, als der Bundesligaskandal für Schlagzeilen sorgte. Hierbei ging es um den Schiedsrichter – manipuliert wurden nur die Ergebnisse. Immer sind es also Ergebnisse und nicht Ereignisse, so auch im zweiten Skandal der Bundesliga, der bis vor das Gericht in Bochum ging.
Nun hoffen daher der Online-Casino-Verband sowie der Deutsche Sportwetten Verband, dass die Ergebnisse einer bisherigen Studie zu Manipulationen und Wettbetrug in die Entscheidung, die Liberalisierung der Wetten durchzusetzen, hilfreich bzw. einflussreich sind.
Illegales Glücksspiel auf dem Vormarsch
Online-Glücksspiele und illegales Glücksspiel sind aber weiterhin auf dem Vormarsch, wie aktuelle Studien zeigen. Der Markt dehnt sich aus – aber nur in seinen nicht-regulierten Bereichen. Jährlich steigt das Marktvolumen um rund 30 Prozent! Bisher war der unkontrollierte Glücksspielmarkt zwar deutlich kleiner als der regulierte, doch die großen Wachstumsraten lassen ihn in seiner Bedeutung rasch aufholen. Neue Spiele und Angebote ziehen Spieler an, dass es sich dabei um eine rechtliche Grauzone handelt, wird großzügig übersehen. Der Markt ist bisher nur für private Sportwettenanbieter geöffnet worden, ansonsten gilt immer noch das staatliche Monopol. Online-Glücksspiel ist aber nach wie vor verboten, auch wenn es inzwischen einige Ausnahmen gibt.
Die Grauzone entsteht dadurch, dass die Anbieter von Wetten keiner deutschen Regulierung unterliegen, dennoch aber ihre Dienstleistung anbieten können. Die Konzessionen der Anbieter kommen aus anderen Ländern der Europäischen Union, wobei die Zahl der Online-Lotterien, der Pferde- und Sportwetten sowie der Anbieter für Casino- und Pokerspiele rasant wächst. Die Zulassung der Anbieter ist aber nach dem derzeitigen Stand nicht gegeben und auch nicht geplant.
Gleichzeitig steigen diese nicht-regulierten Anbieter aber ihre Werbemaßnahmen in hohem Maße, was es wiederum für die Spieler schwer macht: Sie können kaum einschätzen, ob es sich nun um ein zugelassenes oder ein nicht zugelassenes Angebot handelt. Auf den ersten Blick sehen alle Anbieter legal aus, erst bei näherem Hinsehen fallen Unterschiede auf. Dennoch sind diese Unterschiede nicht für alle Spieler von Belang, denn nicht wenige sehen im Wetten bei nicht-regulierten Anbietern kein Unrecht.
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