Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem Frühjahrsgutachten ihre Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum deutlich nach unten korrigiert. Anstelle der erwarteten 1,3% im laufenden Jahr wird nun nur noch ein Zuwachs von 0,1% prognostiziert. Die Prognose für das kommende Jahr bleibt mit einem Plus von 1,4% nahezu unverändert.
Wachstumshindernisse: Konjunktur und Politik beeinträchtigen Deutschlands Wirtschaft
Obwohl ab dem Frühjahr eine Erholung erwartet wird, wird die Dynamik insgesamt begrenzt sein. Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kiel Institut für Weltwirtschaft, beschreibt die Situation treffend als „lahmende Konjunktur, lähmende Politik und leidendes Wachstum“.
Der private Konsum spielt in diesem Jahr eine entscheidende Rolle für das Wachstum der deutschen Wirtschaft. Die steigenden Ausgaben der Verbraucher tragen maßgeblich zur Erholung bei. Im kommenden Jahr wird sich das Auslandsgeschäft verstärkt positiv auf die Wirtschaft auswirken. Allerdings befindet sich die Wirtschaftsleistung derzeit auf einem relativ niedrigen Niveau, das kaum über dem Stand vor der Pandemie liegt. Die Produktivität stagniert und sowohl die Binnen- als auch die Außenwirtschaft haben mehr Schwierigkeiten als Unterstützung.
Der private Konsum hat sich verzögert und weniger dynamisch entwickelt als prognostiziert. Dies hat zu einem Rückgang der deutschen Exporte geführt, vor allem aufgrund der schwachen Nachfrage nach Investitionsgütern und Vorleistungsgütern, die für Deutschland von großer Bedeutung sind. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bei energieintensiven Gütern hat ebenfalls gelitten.
Die fortlaufende Unsicherheit bezüglich der wirtschaftspolitischen Entscheidungen belastet weiterhin die Investitionsaktivitäten der Unternehmen. Obwohl eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage erwartet wird, prognostizieren die Experten, dass die Investitionen im kommenden Jahr voraussichtlich auf dem Niveau von 2017 bleiben werden.
Die Prognose zeigt positive Entwicklungen bei den Effektivverdiensten, die in den Jahren 2024 und 2025 voraussichtlich um 4,6% bzw. 3,4% steigen werden. Dadurch wird das Niveau von Ende 2021 schrittweise wieder erreicht und die Verluste aus dem Jahr 2022 und dem ersten Halbjahr 2023 ausgeglichen.
Wenn man den Einfluss der Energiepreise herausrechnet, ergibt sich eine Kerninflationsrate von 2,8% im Jahr 2024 und 2,3% im Jahr 2025. Dies zeigt, dass der Anstieg der Verbraucherpreise in den kommenden Jahren hauptsächlich auf andere Faktoren zurückzuführen ist.
Der starke Arbeitsmarkt unterstützt die auf den Konsum ausgerichteten Auftriebskräfte. Trotz steigender Lohnkosten bleibt die Beschäftigungslage stabil. Die Arbeitslosigkeit wird nur minimal ansteigen und ab dem Frühjahr wieder sinken. Die Prognose der Institute sieht Arbeitslosenquoten von 5,8% (2024) und 5,5% (2025) vor.
Im Jahr 2024 wird erwartet, dass die Haushaltsdefizite im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf 1,6% und im Jahr 2025 auf 1,2% zurückgehen. Dies deutet auf eine positive Entwicklung der finanziellen Lage des Staates hin und zeigt, dass die Regierung ihre finanziellen Ressourcen effizienter verwaltet.
Die Wirtschaftsforschungsinstitute schlagen vor, die Schuldenbremse behutsam zu reformieren, um mehr Investitionen durch Kreditaufnahme zu ermöglichen. Gleichzeitig empfehlen sie, die Defizitbegrenzung nach einer vorübergehenden Nutzung der Ausnahmeklausel stufenweise wieder einzuführen, um einen plötzlichen Rückgang der Investitionen zu verhindern.
Die Bedeutung einer umfangreichen Überarbeitung der staatlichen Finanzverfassung wird betont, um die kommunalen Investitionen vor den Haushaltsproblemen abzuschirmen, die durch die Schwankungen der Konjunktur verursacht werden. Da die kommunalen Investitionen etwa 40% der gesamten öffentlichen Investitionen ausmachen, ist es entscheidend, Mechanismen zu entwickeln, die es den Kommunen ermöglichen, ihre Investitionen fortzusetzen, selbst wenn sie mit finanziellen Engpässen konfrontiert sind.
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland stellt weiterhin eine Herausforderung dar, jedoch lassen positive Signale auf eine schrittweise Erholung und zukünftige Entwicklungen hoffen.